„Literatur muss frei sein, wild, darf böse sein, und muss auch weh tun können, sonst verliert sie ihren Reiz“, so die Altphilologin Melanie Möller der FU Berlin in einer Streitschrift. Untermalt von den pumpenden Rhythmen der Talking Heads („Burning down the house“), dezent modernisiert, aber der Textvorlage weitgehend treu geblieben, stellt das Ensemble des Theaters Paderborn das „Lehrstück ohne Lehre“ von Max Frisch dem überwiegend jungen Publikum vor.
Wie das Theater am selben Tag auf seiner Homepage mitteilte, wurde für den kommenden Samstag eine Sonderaufführung angesetzt, da die aktuellen politischen Ereignisse dies dringend erscheinen ließen.
Was aber macht das Parabelstück so aktuell? Sehr anschaulich von dem Ensemble des Theaters Paderborn verkörpert Alexander Wilß die Rolle des Gottlieb Biedermann, der halb aus Unwissenheit, später aus Angst und Feigheit zwei Halunken in sein Haus lässt, die sich mehr oder weniger offensichtlich als Brandstifter erkennen lassen. Warum ruft er nicht die Polizei, warum wirft er sie nicht eigenhändig aus dem Haus? Nach bizarren bis grotesken Ereignissen endet das Stück in einer Feuersbrunst, untermalt vom Klang der Feuerwehrsirenen, während der dritte Brandstifter versucht, die Tat ideologisch zu rechtfertigen. Man kann ihn nicht gut hören, allerdings lassen sich Satzfetzen erahnen „… es gibt nur zwei Geschlechter…“/ „… gegen illegale Migration vorgehen…“.
Den Zuschauerinnen und Zuschauern wird deutlich, dass es hier nicht vorrangig um tatsächliche, sondern um geistige Brandstiftung geht. Einen Tag zuvor hat Friedrich Merz die sogenannte „Brandmauer“ gegen die Rechtspopulisten symbolisch zum Einsturz gebracht, indem er mit den Stimmen der AfD einen Antrag im Bundestag durchsetzte.
In der Nachbesprechung zum Stück wird den Schülerinnen und Schülern vor Augen gehalten, warum ein Theaterstück, dass in den 50er- Jahren verfasst wurde, auch heute noch (im wahrsten Sinne des Wortes) brandaktuell sein kann. Mit vielen neuen – vielleicht auch verwirrenden – Eindrücken werden unsere SuS in das Wochenende entlassen.